Die jüdische Gemeinde

ca. 1353 - 1938

  • Die Ansiedlung von Juden erfolgte vermutlich bald nach der Stadterhebung Baiersdorfs 1353.
  • 1473 wurde eine jüdische Gemeinde erstmals urkundlich erwähnt.
  • Um 1515, nach der beschlossenen Vertreibung der Juden aus der Markgrafschaft, lebte nur noch eine jüdische Familie in Baiersdorf.
  • 1619 verzeichnet die Gemeinde nur neun jüdische Familien. 1709 werden in Baiersdorf 33 Familien gezählt, 1771 sind es bereits 83.
  • 1802 erfolgt die Reorganisation der jüdischen Gemeinde im Markgrafentum.
  • 1803 Eingliederung Frankens in das Königreich Bayern.
  • Das Bayerische Judenedikt vom 10. Juni 1813, das die Rechte der jüdischen Bewohner in Bayern regelte, verfügte die Aufhebung der jüdischen Gerichtsbarkeit und erlaubte Juden, Grundbesitz zu erwerben und handwerks- und landwirtschaftliche Berufe zu ergreifen. Die Einschreibung in Matrikel (Listen) regelte die Erfassung wohnberechtigter Juden. Da für jeden Ort eine Höchstzahl jüdischer Familien festgelegt wurde, die möglichst noch gesenkt werden sollte, beeinträchtigte die Regelung nicht nur die Freizügigkeit der Juden, sondern auch die Möglichkeit eine Familie zu gründen, da eine Heirat von der Obrigkeit genehmigt werden musste.
  • Das Edikt war prägend für  die Geschichte der Assimilation der jüdischen Bewohner Bayerns
  • 1819 wurde Baiersdorf vom Landesrabbinat zum Distriktsrabbinat herabgestuft.
  • 1820 — 1830 zählt die jüdische Gemeinde ca. 440 Personen bei einer Gesamteinwohnerzahl von 1.500 und war damit die zweitgrößte Gemeinde im Markgraftum. Zu dieser Zeit gab es ein Gemeindezentrum mit Synagoge, Rabbinerhaus, Schule, Gemeinde-Mikwe (rituelles Tauchbad), Friedhof und Taharahaus (Totenreinigungshaus).
  • 1861 führte der bayerische Landtag die allgemeine Freizügigkeit für Juden in Bayern ein.
  • 1871 erfolgt die Gründung des Deutschen Reiches mit der Gleichberechtigung der Juden durch das Reichsgesetz.
  • Trotz dieser positiven Entwicklungen  begann wegen der Ansiedelungsrestriktionen, unzureichender Industriealisierung vor Ort und der schlechten beruflichen Perspektiven, die Abwanderungen aus Baiersdorf in die großen Städte (Erlangen, Nürnberg, Fürth) oder das Ausland.
  • Am 18.02.1894 wurde die Auflösung des Distriktsrabbinates Baiersdorf verfügt, nachdem der letzte Rabbiner Wolf Cohn 1888 gestorben war. Nach der Auflösung war ein jüdischer Lehrer die wichtigste Person für die meisten kultischen Aufgaben der Gemeinde.
  • 1933 werden nur noch 19 jüdische Gemeindemitglieder gezählt.
  • 1938 wird beim Novemberpogrom die Synagoge zerstört und es werden die letzten drei ansässigen Baiersdorfer Juden verhaftet, später zwei von ihnen im KZ ermordet. Zu deren Gedenken wurden in der Hauptstraße 10 Stolpersteine gesetzt.

Stellung der Juden in Baiersdorf um die Jahrhundertwende 1900:

  • Noch bis zum Ende des 1. Weltkriegs waren die Juden ein „normaler“ Teil der Baiersdorfer Gesellschaft, die vollkommen integriert waren – so wird auf dem Kriegerdenkmal zu Ehren der gefallenen kein Unterschied gemacht.
  • Eintragungen im Singverein, der freiwilligen Feuerwehr und Sanitätskolonne belegen, dass jüdische Bürger ganz selbstverständlich am Gemeinschaftsleben teilnahmen und  ihren Dienst  verrichteten und Teil der Gesellschaft waren.

Einige berühmte Personen der jüdischen Gemeinde Baiersdorf:

  • Gottfried Merzbacher deutscher Geograf, Asienforscher und Alpinist. Er hatte einen erheblichen Anteil an der Erschließung der Alpen, des Kaukasus und asiatischer Gebirge wie dem Tian Shan.
  • Henry Seligman Auswanderer, amerikanische Banker, Geschäftsmann und Stifter des Baiersdorfer Seligmann-Kinderheims – heute Seligmann-Kindertagesstätte.
  • Ludwig Ritter von Gerngros Sohn eines einfachen Baiersdorfer Färbers. Gründer der Sanitätskolonne Baiersdorf. Erfolgreicher Hopfenhändler und Bruder von Wilhelm Ritter von GerngrosNürnberger Mäzen städtebaulicher und kultureller Projekte. Er war Stifter des Luitpoldhaus der Stadtbibliothek, des Zweitgusses des Neptunbrunnens und des Kaiser-Wihelm-Denkmals am Egidienberg.

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